Rhein-Wupper-Zeitung / Rheinische Post - 21. Dezember 1991

Hannelore Tusts jüngstes, Lyrikbändchen:

Besinnliche Texte aus elektronischer Feder

Von MARGARETE V. ACKEREN

OPLADEN.

Sage mir, wie Du schreibst, und ich sage Dir, wie du bist? Der Buchtitel macht neugierig auf die Frau, die dahintersteht: "Alltagstrott mit Augenzwinkern oder - Lachfalten sind die schönsten Runzeln", hat die Opladenerin Hannelore Tust das jüngste Werk aus ihrer Feder überschrieben. Doch was heißt hier Feder - aus ihrem Computer wäre richtiger. Denn die 67jährige hat sich, Skepsis hin, Startschwierigkeiten her, in (vergleichsweise) gehobenem Alter an die Bildschirmarbeit gewagt, Mit Hilfe moderner Technik fertigt sie ihre beschaulichen, humorvollen, manchmal auch melancholischen Texte.

Ohne Verbitterung

"Mir liegt viel daran, mein Leben nicht so triefäugig' darzustellen", faßt Hannelore Tust, Mutter und Oma, ihre Philosophie zusammen, die sie gerne auch ihren Lesern (und denen, die ihr zuhören) näherbringen möchte. So war ein junger Aussiedler, der als Lebensbotschaft "No future" auf seine Kleidung geschrieben hatte für Hannelore Trust Anlaß zu einer lyrischen Entgegnung auf diese Haltung.

Vom Pflaumenkuchen bis zur Maus im Vogelhaus sind es die liebenswerten Kleinigkeiten des Alltags, die die Opladenerin in ihren Bann ziehen. Ihre Beobachtungen und Reflexionen über einen Apfelbaum beruhen sogar auf einer ganzjährigen Studie. Hannelore Tust läßt auch der Trauer in ihrem Gedichtbändchen Raum: "Blumen zur Beerdigung" ist der Titel einer lyrischen Bewältigung zum Thema Tod. Doch, und dies ist eine Art Markenzeichen der Gedichte Hannelore Tusts: Die Trauer geht nicht einher mit Verbitterung, sondem ihr Büchlein wird getragen von Lebensfreude mit einem guten Schuß (Selbst-)Ironie. "Sie fuhren zum golfen nach Santa Domingo, Wir blieben zu Hause, spielten ab und zu Bingo", bringt die Opladenerin gesellschaftliche Unterschiede humorvoll auf den Punkt.

Auch eine aktuelle Erkenntnis hat Hannelore Tust, die der Leverkusener VHS-Literaturwerkstatt angehört, in ihrem Gedicht parat an dessen Ende einer langen Aufzählungsreihe über die Aktivitäten der eiftig-bemühten Hausfrau die Erkenntnis steht: "Vorbei die 'Heilig-Abend-Schlacht'! Für die Hausfrau ist morgen erst Weihnacht."

Wochen Journal - Donnerstag, 23. Januar 1997

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