Inhaltsverzeichnis 

Kleine Vorgeschichte

Die Katze auf dem Fensterbrett

Herzliche Begrüßungen

Gemütliche Abende

Heraus und herein

Halali

Hochwasser und andere Widrigkeiten

Drei Tage sind zuviel

Wie ich Mottes Vorgeschichte erfuhr

Mäusedoping

Ein italienischer Abend

Ist die Katze gesund ...

Frechheit siegt

Der Umzug

Im neuen Heim

 

Kleine Vorgeschichte 

Statistisch gesehen verlassen heutzutage immer mehr Frauen ihre Männer als umgekehrt.

Manche Mädels ergreift die nackte Panik, wenn's an's Heiraten gehen soll. Und dann gibt's nur noch eins: Nichts wie weg!

 

Endlich hatte ich eine Wohnung gefunden, groß genug und gar nicht teuer!

In dem kleinen Ort in dem ich aufgewachsen war, in einer stillen Nebenstraße, fand ich mein neues Domizil. Keller- oder auch vornehmer Souterrainwohnung genannt. Sie war zwar ein wenig dunkel, aber dafür geräumig und mit einer Einbauküche. Die war mir wichtig, denn ich hatte, um nicht noch mehr Beziehungsporzellan zu zerschlagen, sämtliche Möbel zurückgelassen.

Halt, stimmt nicht ganz! Meine Waschmaschine, an der hing ich, die hatte ich doch mitgenommen. 'Er' konnte ja bei seiner Mutter waschen!

 

Es war Anfang November, kaltes, regnerisches Wetter.

Mit aus Zeitungspapier gebastelten Malerhütchen auf dem Kopf zogen mein Bruder Peter und ich gerade letzte Pinselstriche, als er mit konzentrierter Miene mehr in Richtung Wand als zu mir sagte: "Wenn das man bloß alles so richtig ist. Hoffentlich bereust du das nicht irgendwann."

"Nix, ich bereue nichts!" antwortete ich ihm. "Ich weiß zwar nicht wie sich alles entwickeln wird, aber ich weiß, daß es richtig war, einen Schlußstrich zu ziehen", fügte ich noch hinzu.

"Ich verstehe das nicht, du hattest doch alles, es ging dir doch gut!" erwiderte er.

"Eben drum, ich saß in einem goldenen Käfig! Habe mich gefühlt wie eine Pflanze, die zwar in einem wunderschönen Raum steht, aber in einem engen Topf verkümmert, weil sie zu wenig Licht und Wasser bekommt", antwortete ich.

"Das verstehe ich zwar immer noch nicht so ganz, aber des Menschen Wille ist sein Himmelreich!" rief mein Bruder mit einem Stoßseufzer und verdrehte dabei die Augen.

 

Die Wohnung war frisch gestrichen, die Fenster geputzt, der Boden gewischt und die Schränke gesäubert. Nun blieb nur noch der Möbelkauf, und ich konnte einziehen.

In einem 2. Wahl-Möbellager eines Spediteurs wurde ich bald fündig, prompte Lieferung eingeschlossen. Bis mein in einem 'normalen' Möbelhaus bestelltes Bett kam, dauerte es allerdings geringfügig länger, fünf Wochen ungefähr.

Endlich aber war es dann doch soweit, am 23. Dezember konnte ich die erste Nacht in meinem neuen Heim verbringen.

Den Nachmittag hatte ich mit 'Weihnachtsgeschenke verpacken' verbracht. Wenn man Mutti, Vati, drei Brüder, Schwägerin, zwei Neffen, Tante, Freundin und Arbeitskollegin hat, dauert so etwas seine Zeit. Und schön aussehen soll es ja schließlich auch, das Geschenk! Es wurde dunkel. Und nachdem ich mir ein Abendbrot gemacht hatte, beschloß ich früh ins Bett zu gehen. Einen Fernseher hatte ich vorerst noch nicht. Ich freute mich auf mein großes, einsames Bett.

Müden Auges betrat ich, aus dem Bad kommend, das Schlafzimmer. Schlagartig aber war ich wieder hellwach. Da saß 'SIE'! Direkt vor meinem Bett. Eine riesige, fette, dickbeinige, pechschwarze Spinne. Sie wartete auf mich und grinste mich frech an. Meine Gedanken überschlugen sich. Ja, natürlich, schnell, den Staubsauger!

 

Als ich dann endlich, nachdem ich mit dem Staubsauger bewaffnet das ganze Schlafzimmer nach weiteren Hausgenossen abgesucht und glücklicherweise nichts gefunden hatte, nervlich leicht angegriffen im Bett lag, fiel es mir wieder ein. Hatte mein Vormieter mir nicht etwas über Spinnen erzählt, die es hier unten gäbe?

Ja, er hatte so etwas erwähnt. Das konnte ja heiter werden. Ich hasse Tarantulas. Besonders wenn sie im Schlafzimmer auf mich warten und mit mir übernachten wollen!

 

 

Die Katze auf dem Fensterbrett

 

Weihnachten war vorbei, Sylvester abgehakt und ich genoß meine neu gewonnene Freiheit. Drei lange Wochen Urlaub lagen vor mir, für die ich mir vorgenommen hatte, mir nichts vorzunehmen. Ich wusch nur, wenn es unbedingt sein mußte, bügelte, wenn ich Lust dazu hatte und kochte mir Leckereien oder auch einfach nur eine Dosensuppe.

Einen gebrauchten Fernseher hatte ich mir inzwischen auch besorgt. Manchen Abend lag ich mit einem Glas Wein und einer Tüte Kartoffelchips auf dem Sofa und sah bis in die Puppen fern.

Ich schlief oft bis zum frühen Mittag. Machte dann einen kleinen Spaziergang oder schwang mich auf's Rad. Las viel, hörte Musik und döste bis zum frühen Abend.

Ein richtiges Katzenleben führte ich in dieser Zeit. Herrlich und in Freuden.

 

Es war an so einem Genießer-Abend, als ich von einem leckeren Salat gesättigt, mit einem Glas Wein in der Hand auf dem Sofa lag und fernsah.

'Pa-tomm' machte es plötzlich draußen vor meinem Wohnzimmerfenster. Es hörte sich an, als ob ein Ast oder etwas ähnliches auf die metallene Fensterbank gekracht wäre. Ich trat ans Fenster und spähte in die Dunkelheit. Aber nichts war zu sehen oder zu hören. Merkwürdig, dachte ich, nahm mir aber vor, am Morgen noch einmal nachzusehen und vergaß den Zwischenfall.

Am nächsten Tag war dann doch mal Putzen angesagt, und so dachte ich nicht mehr an die Fensterbank. Nachdem ich aufgestanden war und mir mein Müsli angerührt und einverleibt hatte, legte ich eine 'Johann-Strauß-Sohn'-Kassette ein und fing an, meine Wohnung im Walzertakt schwungvoll auf Vordermann zu bringen - bei derartigen Gewohnheiten lebt man wahrscheinlich wirklich besser allein.

Am frühen Nachmittag war ich dann soweit, daß ich wieder guten Gewissens Besuchern die Tür öffnen konnte.

Der Besucher kam auch prompt. Zwar nicht durch die Tür, sondern durchs Fenster, aber bei einem solch netten Gast kann man schon mal eine Ausnahme machen.

Gerade hatte ich es mir mit einer Zeitung, Kaffee und Keksen gemütlich gemacht, als es vor dem Fenster wieder 'pa-tomm' machte. Ich blickte auf, durch meine Kaffeehaus-Gardinen konnte ich einen vierbeinigen Schatten erkennen, der auf dem Wohnzimmerfensterbrett entlangspazierte. Schnell stellte ich die Tasse beiseite und schlich mich zum Fenster, ganz vorsichtig öffnete ich es einen Spalt. Das Tier blieb stehen. Ich öffnete das Fenster noch ein Stück weiter und ging ein paar Schritte leise rückwärts. Im geöffneten Fenster erschien ein Gesicht. Ein Katzengesicht. Schwarze Ohren, schwarze Stirn, sandfarbene Augenpartie, darunter zwei hellgrün glitzernde Augen. Die Nase genau zur Hälfte längs in eine ockergelbe und eine schwarze Hälfte geteilt. Mit Schnurrhaaren, die an der hellen Nasenseite schwarz und an der dunklen Seite hellbraun waren. Einem Eulengesicht nicht unähnlich, dachte ich.

Vorsichtig am Fensterrahmen schnuppernd ließ mich das neugierige Katzentier nicht aus den Augen. Wir musterten uns! Nicht ahnend, welch innige und abenteuerliche Freundschaft uns noch verbinden sollte.

  
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